„Rosinenpickerei nach Gutsherrenart. So wird die Beteiligung der Region zur Farce“

Berlin/Kreis Herford. Stefan Schwartze, Mitglied des Bundestages, und Christian Dahm, Mitglied des Landtages, haben in einem gemeinsamen Brief sowohl an den Bahnbevollmächtigen für NRW, Werner Lübberink, als auch an den Bundesverkehrsminister Volker Wissing, ihren Ärger über die Transparenzpolitik der Bahn Luft gemacht. Dahm und Schwartze kritisieren darin in erster Linie den Unwillen der Bahn, die gewählten Parlamentarier umfänglich und rechtzeitig in alle Veranstaltungen und Verabredungen mit einzubeziehen. Dies sei zum wiederholten Male nicht geschehen.

Aufhänger dieses Mal war das im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung des Bahnprojekts Hannover–Bielefeld vorgesehene Regional-Treffen für den Kreis Herford, das jedoch statt in digitaler Form, wie zuvor und wochenlang angekündigt, ausschließlich in Präsenzform abgehalten wurde, jedoch ohne die Abgeordneten darüber zu informieren. Eine Teilnahme war deshalb nicht möglich.

Wie zu entnehmen war, ist eine begrenzte Teilnehmerzahl aus den Reihen einiger Bürgerinitiativen sowie aus den Kommunen geladen worden. Neben den Hauptverwaltungsbeamten sollen auch Verwaltungsmitarbeiter anwesend gewesen sein.

Dazu Christian Dahm: „Aus Teilnehmerkreisen wurde an uns herangetragen, dass auf der Veranstaltung Folien präsentiert wurden, die umfangreiche städtebauliche Einschnitte bedeuten würden. Nachfragen sollen von Seiten der Bahnbeteiligten jedoch nicht ausreichend beantwortet worden sein. Wenn dann im Nachgang zu der Veranstaltung aus Teilnehmerkreisen Fragen an uns gerichtet werden, die nicht beantwortet werden können, ist das mehr als bedenklich“.

Auch Stefan Schwartze sieht das kritisch: „Wir haben den Projektbeteiligten auf Seiten der DB von Beginn der Öffentlichkeitsbeteiligung an mehrfach nachdringlich deutlich gemacht, dass für die Wahrnehmung der Mandate auf Landes – und Bundesebene eine umfassende Beteiligung in die Informationsveranstaltungen unabdingbar ist. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob wir bei einer solchen Veranstaltung eine aktive Rolle einnehmen oder nur als Zuhörer/Zuschauer involviert sind“.

Weiter stellen beide fest: „Wir kommen nicht umhin feststellen zu müssen, dass die Verantwortlichen des Bahnprojekts Hannover–Bielefeld bewusst und gezielt Einladungen allzu kurzfristig, unpassend oder erst gar nicht aussprechen, um so eine Teilnahme der Parlamentarier*innen der Landes- und Bundesebene zu erschweren oder unmöglich zu machen. Das Regionaltreffen in Löhne ist sicher nicht das entscheidende Ereignis auf dem langen Weg, aber die Art und Weise, unsere und die Bitte unserer Kolleginnen und Kollegen zu ignorieren, vermittelt keine große Kooperationsbereitschaft.

Bisher sind wir davon ausgegangen, dass trotz aller inhaltlicher Differenzen und der Kritik an Planungsvorgaben und möglichen Lösungswegen die Form stets gewahrt bleibt und ALLE Beteiligten ein hohes Interesse an einem konstruktiven und fairen Meinungs- und Informationsaustausch haben. Insbesondere, da es auch im Interesse der DB Netz AG sein muss, am Ende einen regionalen Konsens zu generieren, der die Zeiten überdauert und die Umsetzung beschleunigen hilft.

Mit dem Versuch, die notwendige Arbeit der Mandatsträger*innen auszubremsen, wird jedoch das genaue Gegenteil erreicht. Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Organisationen und Institutionen bereits heute an der Sinnhaftigkeit des gesamten Öffentlichkeitsbeteiligungsprozesses zweifeln. Es ist die Rede von einer Farce oder einer Schaufensterveranstaltung, um am Ende sagen zu können: Wir haben doch alle rechtlichen Vorgaben erfüllt. Das jedoch verstehen wir nicht unter einer Öffentlichkeitsbeteiligung, jedenfalls dann nicht, wenn sie diesen Namen auch verdient haben soll. Das muss und sollte auch den Bahnverantwortlichen und dem Bundesverkehrsminister zu denken geben, denn Öffentlichkeitsbeteiligung, die von der Öffentlichkeit nicht als solche akzeptiert wird, verfehlt ihren Zweck und damit das eigentliche Ziel“.

Um das zu verhindern, haben Schwartze und Dahm nun sowohl den Bahnbevollmächtigen für NRW, Werner Lübberink, als auch an den Bundesverkehrsminister Volker Wissing, angeschrieben. Beide sollen auf die Bahnprozessverantwortlichen einwirken und sicherstellen,  dass die Mandatsträger*Innen, die am Ende des Prozesses nach Lage der Dinge auch über dieses Projekt parlamentarisch zu entscheiden haben, ohne Ausnahme über sämtliche Veranstaltungen und Verabredungen – wenigstens im Bereich ihrer Wahlkreise – und Prozessentwicklungen frühzeitig und umfassend informiert und eingeladen werden.

Dazu Schwartze und Dahm abschließend: „Wir betonen hier noch einmal ausdrücklich: Wenn das Projekt auf Akzeptanz in der Region stoßen soll, ist es unabdingbar, die Menschen in der Region umfassend zu informieren und zu beteiligen“.