Kreis Herford/Bad Oeynhausen. Konjunkturpakete, Finanzhilfen, Überbrückungsgelder – die Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie kosten viel Geld. Aber nichts ist teurer als im falschen Moment zu sparen. Ohne Unterstützung würden die Corona-Viren unsere Wirtschaft in die Knie zwingen. Deshalb werden gigantische Rettungs- und Hilfspakete geschnürt, um Menschen und Unternehmen durch die Krise zu helfen. Das wichtigste ist das Kurzarbeitergeld zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit und zur Rettung von Wissen und Erfahrung in den Betrieben. Eine ganze Menge weiterer Hilfsmaßnahmen verhindern Insolvenzen, erhalten Arbeitsplätze und mildern den Wachstumseinbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Aber wer bezahlt das eigentlich alles und können wir uns das überhaupt leisten? Um diese Frage ging es bei einer Video-Konferenz, zu der der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Stefan Schwartze seinen Fraktionskollegen und Finanzpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, eingeladen hatte.

Lothar Binding erläuterte auch für finanzpolitische Laien klar nachvollziehbar: Zunächst nehme der Staat Schulden auf, Staatsanleihen seien schließlich als sichere Anlage bekannt und beliebt. Es sei gut, wenn der Staat das Geld der Bürgerinnen und Bürger nehme und klug investiere. So sei das Geld bei der Gemeinschaft gut und sicher angelegt. Der Staat müsse allerdings aufpassen, dass die Zinsen ihn nicht auffressen. Deshalb dürften die Schulden des Staates im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt nicht zu stark anwachsen. Die Schuldenquote solle nach den Maastrichter Verträgen bei unter 60 Prozent liegen. Sie war nach der Bankenkrise 2010 auf über 80 Prozent angewachsen, sank dann Anfang 2020 unter die 60 Prozent-Marke und stieg nun mit den Corona-Hilfsmaßnahmen wieder auf über 70 Prozent. Die Schuldenquoten anderer Länder (wie Frankreich, Spanien, Italien, Portugal und die USA) liegen deutlich höher, jenseits der 100er Marke.

„Die hervorragende Bonität Deutschlands verdanken wir auch der guten Arbeit von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der den permanenten Steuersenkungsforderungen der Wirtschaft nicht nachgegeben hat, und seiner guten Haushaltsführung in den letzten Jahren. Um die Schuldenbremse nach der Krise wieder einhalten zu können, wurde mit dem Bundeshaushalt 2020 und der Aufnahme der neuen Schulden auch gleich ein Abbaupfad für die kommenden Jahrzehnte beschlossen“, erläuterte Binding. Hier spiele der Faktor Zeit die entscheidende Rolle. Mit den Hilfen, die jetzt ausgezahlt werden, werde nach der Krise wieder Wirtschaftswachstum erzeugt. Damit steige das Bruttoinlandsprodukt, die Schuldenquote sinke und die Schulden fallen auf lange Sicht immer weniger ins Gewicht. Mit Wachstum zahlten sich die Schulden quasi selber ab.

Die Schulden, die jetzt gemacht würden, seien also gut angelegt, so Binding, weil sie die Wirtschaft stabilisieren und zukunftsfähig machen. Die Alternative wäre verheerend. „Denken wir zurück an die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts: Weltwirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und Unternehmenssterben. Und zusätzlich käme auch noch ein tödlicher Virus hinzu“.

Bei der Frage, wie die Schuldenquote – über das Wirtschaftswachstum hinaus – zusätzlich wieder gesenkt werden könne, sei es klug abzuwarten, wer gut durch die Krise komme. „Erste Überlegungen gehen in die Richtung, hohe Einkommen stärker an den Kosten zu beteiligen. Das ist über die Einkommensteuer, eine Vermögensteuer oder eine (einmalige) Vermögensabgabe denkbar. Das wäre auch gerecht, denn wer gut durch die Krise kommt, sollte sich danach auch an den Gemeinschaftskosten stärker beteiligen“, argumentierte Lothar Binding.

„Es gibt also verschiedene Möglichkeiten, die Krise zu bezahlen und sich mit den Hilfen wieder in eine Wachstumsphase zu bringen“, resümierte Stefan Schwartze. Dabei ist sowohl für ihn wie auch Lothar Binding klar, dass dies nicht auf Kosten der Schwächsten in unserer Gesellschaft passieren dürfe. Steuererhöhungen für kleine und mittlere Einkommen sowie Einsparungen im Sozialbereich seien keine Optionen.